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14.06.2024
Allgemein
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Dritte Spur torpediert Lärmschutz

Der Bund will die Autobahn A1 auf verschiedenen Abschnitten auf je drei Spuren ausbauen. Das hat in Uzwil nun zur Folge, dass eine mögliche Lärmschutzwand statt drei neu sechseinhalb Meter hoch werden müsste. Damit stimmt das Kosten-/Nutzenverhältnis der Lärmschutzwand für die Gemeindefinanzen nicht mehr und die Eingriffe in die Landschaft wären zu gross. Deshalb hat die Gemeinde das Projekt jetzt abgebrochen.

Strasseneigentümer sind zu Lärmschutzmassnahmen verpflichtet, wenn definierte Grenzwerte überschritten sind. Das Bundesamt für Strassen (ASTRA) hat die Hoheit über die Nationalstrassen. Es hat im Jahr 2016 das Lärmschutzprojekt für den Autobahnabschnitt Wil bis Gossau öffentlich aufgelegt. Bestandteil des Lärmschutzprojektes war der Nachweis, dass die Vorgaben der Lärmschutzverordnung im Bereich Niederuzwil auch ohne Lärmschutzmassnahmen eingehalten werden. Der Lärm ist nicht lärmig genug, als dass der Bund als Strasseneigentümer aktiv werden müsste. Und weil er nicht muss, macht er auch nichts. Die Gemeinde Uzwil hat damals Einsprache gegen das Lärmschutzprojekt erhoben und zusätzliche Massnahmen verlangt. Die Einsprache der Gemeinde wurde abgewiesen und das Lärmschutzprojekt ohne weitere Lärmschutzmassnahmen genehmigt. Entsprechend gilt der Autobahnabschnitt im Uzwiler Siedlungsgebiet aus rechtlicher Sicht im Thema Lärmschutz als bis ins Jahr 2030 saniert. Der Bund als Strasseneigentümer wird keine zusätzlichen Lärmschutzmassnahmen treffen. Was bleibt: Nur, weil der Bund gesetzlich keine Sanierungspflicht hat, wird es in den Niederuzwiler Siedlungsgebieten im Bereich der Autobahn nicht ruhiger. Deshalb befasste sich die Gemeinde in den letzten Jahren weiter intensiv mit der Thematik.

Die mögliche Lösung

Die umfangreichen Abklärungen zeigten: Eine Lärmschutzwand entlang der Autobahn könnte Niederuzwil wirkungsvoll von Lärm entlasten. Etwa 2΄500 Einwohnerinnen und Einwohner könnten um mindestens fünf Dezibel und damit spürbar von Autobahnlärm entlastet würden. Zum Vergleich: Eine Reduktion um drei Dezibel entspricht einer Halbierung des gemessenen Lärms. Damit die Lärmschutzwand diese Effekte erreicht, müsste sie so nahe wie möglich an der Autobahn erstellt werden. Denn: Je weiter weg vom Lärm die Wand ist, desto höher muss sie sein - und desto teurer wird sie. Die Wand muss auch so nahe wie möglich an der Autobahn stehen, um den Kulturlandverbrauch gering zu halten. Nach Rücksprache mit dem ASTRA bestand Konsens, die Lärmschutzwand innerhalb der Baulinie der Autobahn zu bauen. Die Gemeinde hätte sich im Gegenzug verpflichten müssen, die Lärmschutzwand auf ihre Kosten zu entfernen, wenn sie dereinst einem Vorhaben des ASTRA im Wege steht. Eine aktualisierte Kostenschätzung ging davon aus, dass die Lärmschutzwand rund 10 Mio. Franken kosten dürfte. Diese Kosten würden vollumfänglich zulasten der Gemeinde gehen. In den Kosten bereits berücksichtigt sind die Synergien mit dem Bau der Zuleitungen zur neuen ARA.

Neue Situation

Ende 2023 entschieden National- und Ständerat, die Autobahn A1 auf verschiedenen Strecken auf mindestens sechs Spuren auszubauen. Das ASTRA hat die Gemeinde Ende Mai informiert, dass entgegen früheren Auskünften die Lärmschutzwand nicht mehr direkt an den heutigen Pannenstreifen gebaut werden kann, weil die dritte Fahrspur mitberücksichtigt werden muss. Will heissen: Auch wenn eine dritte Spur noch viele Hürden nehmen muss und bis zu ihrer Realisierung wohl noch viel Wasser die Uze hinunterfliessen wird, müsste die Gemeinde ihre Lärmschutzwand schon jetzt so weit weg von der Autobahn realisieren, dass die dritte Spur dann irgendwann gebaut werden kann. Weil die Lärmschutzwand damit weit weg von der aktuellen Fahrbahn wäre, müsste sie statt drei Meter neu etwa sechseinhalb Meter hoch werden, um den gleichen Effekt zu erzielen. Mit diesen Rahmenbedingungen stimmt das Kosten-/ Nutzenverhältnis der Lärmschutzwand für die Gemeindefinanzen nicht mehr und die Eingriffe in die Landschaft wären zu massiv. Das führte nun zum Abbruch der Arbeiten.

Warten auf den Bund

Das Lärmschutzprojekt 2016 des ASTRA hat den Horizont 2030. Das heisst auch: Das ASTRA wird in wenigen Jahren die Lärmsituation der Autobahn erneut überprüfen und ein neues Lärmschutzprojekt vorlegen müssen. Werden dannzumal – etwa wegen der Zunahme des Verkehrs – die Lärmschutzwerte nicht eingehalten, muss der Bund auf seine Kosten Massnahmen treffen.